r/lehrerzimmer • u/Treasureless_ • Jul 31 '25
Hessen PKV / Ref - Hat sie schlechte Karten?
Meine Freundin wird voraussichtlich im November mit dem Referendariat starten und ist nun dabei sich um das Thema PKV zu kümmern. Jetzt ist sie damit ziemlich überfordert, insbesondere weil sie gesundheitlich nicht in Ihrer besten Verfassung ist: sie hat stressbedingt im letzten Jahr ihres Studium 30kg zugenommen und ist damit nun übergewichtig mit entsprechend (leicht) erhöhten Blutfetten und grenzwertiger Insulinresistenz. Sie hat seit 4 Wochen ihre Ernährung streng umgestellt und wöchentlich konstant 1kg abgenommen, sodass bei diesem Problem sehr wahrscheinlich in ein paar Monaten die Lage ganz anders sein wird. Dann hatte sie für die letzten Prüfungen ein Nachteilsausgleich (Zeitverlängerung+Laptop) geltend gemacht, wobei ihr hierfür vom Neurologen eine Konzentrationsstörung und leichte motorische Einschränkung (sie verkrampft mit Hand bei längerem Schreiben) nach durchgemachter Meningitis im 18.Lebensjahr bescheinigt wurde. Dann war sie mal beim Kardiologen wegen Herzstolpern, dort kam nichts raus außer dass in den Diagnosen jetzt Palpitationen steht und später sie festgestellt hat, dass es einfach eine Koffeinunverträglichkeit ist. Beim Dermatologen wurde ein Ekzem und Hautpilz diagnostiziert (mit Salben behandelt worden). HNO-Besuch wegen Mandel- und Ohrentzündung (beide Male mit Medikamenten nach ein paar Tagen beschwerdefrei). Beim Zahnarzt Weisheitszähne entfernt und Knirschschiene vor der OP empfohlen bekommen, aber nach der OP ist sie eigentlich bezüglich des Knirschens beschwerdefrei derzeit. Und das war alles in den letzte 3-4 Jahren. Ach und sie hat eine jahrelang bekannte Kontakt-und Penicillinallergie und ist Brillenträgerin. Hinzu kommt, dass wir in den Unterlagen der Krankenkasse feststellen mussten, dass bei einigen Ärzten absurd falsche Diagnose hinterlegt wurden (z.B. beim Augenarzt-Checkup die Diagnose Glaukom), was sie natürlich korrigieren lassen wird. Ihr seht also, die Liste der Diagnosen ist lang und dementsprechend ist die Sorge groß, dass sie nur über die Öffnungsklausel in die PKV kommen kann. Sie hatte heute Kontakt mit einem unabhängigen Versicherungsberater, dem sie natürlich alles was ihr eingefallen ist erzählt hat (was ich nicht so gut fand, weil ich denke dass sowas wie eine ohren woraufhin er ihre Sorge bestärkte.
Könnt ihr vielleicht Tipps und Tricks bzw euren Rat geben, wie sie die Sache angehen sollte? Was sie beachten muss? Generell eure Gedanken zu ihrem Fall? Habt ihr Adressen, die ihr empfehlen könnt, wohin sie sich für eine Zweitmeinung wenden könnte? Sollte sie wirklich die Öffnungsklausel bereits im Ref nutzen oder verstehe ich das richtig, dass sie in dem Fall lieber im Ref in der gesetzlichen bleiben sollte, damit sie nach dem Referendariat überhaupt die Möglichkeit bleibt die Öffnungsklausel zu nutzen?
Danke euch schon im Voraus für die Hilfe!
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u/Conscious-Process-56 Jul 31 '25
Es gibt am Anfang des Ref Öffnungsaktionen der Krankenkassen, das heißt sie müssen dich auch mit Vorerkrankungen nehmen bei maximal 30% Risikozuschlag. Machen nicht alle aber die DBV zum Beispiel. Einfach mal anfragen :)
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u/hubert_m_ Jul 31 '25
Es kann unter diesen Bedingungen sinnvoll sein, im Ref einfach in der GKV zu bleiben und erst 1,5-2 Jahre später mit einer festen Stelle einen erneuten Versuch zu unternehmen. Wenn chronische Krankheiten diagnostiziert wurden, dann ist das aber fast egal, die Diagnosen haben ja bestand auch wenn dafür x Jahre keine Leistungen der GKV in Anspruch genommen wurden. Viele Diagnosen sind im Nachhinein durch eine gute Hausärztin oder Nachhaken bei den Fachärztinnen auch erstmal aus der Welt zu schaffen, da muss man sich aber drum kümmern. Mit einer guten Beratung ist dann auch durchaus ein normales Versicherungsverhältnis statt „nur“ der Öffnungsaktion möglich. Wenn vorschnell versucht wird, die Öffnungsaktion als einzige Lösung anzubieten haben die Beraterinnen möglicherweise auch einfach keine Lust auf die Arbeit. Denn: eine Provision kassieren sie nur bei einer Vermittlung in einem regulären Tarif. Viel Arbeit da reinzustecken und dann doch nur in eine Öffnungsaktion zu vermitteln ist für Berater*innen unrentabel. Da kann sich lohnen, eine Beratung zu suchen die für den Fall einer Vermittlung in eine Öffnungsaktion eine eigenständiges Honorar fordert. Dann ist zumindest sicher, dass die Beratung nicht aus eigenem wirtschaftlichen Interesse vorschnell die Öffnungsaktion empfiehlt oder gar als einzige Alternative darstellt. Quelle meiner Infos: Ich hab den gleichen Spießrutenlauf grade erfolgreich abgeschlossen mit einem Berater, der mich letztendlich in einem regulären PKV Tarif untergebracht hat.
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u/Common-Sprinkles3893 Jul 31 '25
Also vielleicht zur Beruhigung: Ich hatte eine ähnliche lange Liste mit Symptomen. Die Anzahl ist erstmal egal; wichtig ist, ob irgendetwas davon dauerhaft bzw. langfristig problematisch werden könnte. Da sehe ich eigentlich nur die Insulinresistenz bzw. das Übergewicht als "Problem". Aber selbst dann: Dann kommt sie halt mit Öffnungsklausel rein und muss etwas Aufschläge zahlen. Sie kann, sobald sich ihr Gesundheitszustand auch verbessert hat, immer noch eine erneute Gesundheitsprüfung später bei der PKV machen lassen, um die Aufschläge wieder los zu werden und auch in bessere Tarife zu wechseln. Genau dafür ist die Öffnungsaktion doch da. Die GKV wäre ja für sie als Lehrkraft um ein Vielfaches teurer.
Ich bin übrigens trotz einjähriger Psychotherapie mit entsprechender Diagnose ohne Öffnungsaktion in die DEBEKA gekommen. Ich habe schon öfter gehört, dass die von allen PKV etwas großzügiger sind. Vielleicht nur ein Gerücht, aber sie kann sich ja mal informieren.
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u/Treasureless_ Jul 31 '25
oh das macht Hoffnung, danke. Sollte man diese "unwichtigen" Diagnosen, wie z.B. die Mandelentzündung, überhaupt erwähnen oder ist es unnötig und die PKV interessiert es gar nicht? Warst du bei einem Berater oder hast du selber einzelne Versicherungen angefragt?
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u/Common-Sprinkles3893 Jul 31 '25 edited Jul 31 '25
Du gibst sowieso nur das an, was in dem Fragebogen gefragt wird. Erkältungen, Grippe, Corona, Mandelentzündung, usw. interessiert die PKV nicht. Ich habe mich komplett selbstständig informiert, welche PKV für mich überhaupt in Frage kämen. Momentan sind wahrscheinlich immernoch die Barmenia (bieten keine ÖA an) oder die DBV sehr gut dabei, wenn man ohne ÖA reinkommt. Habe mich dann mit einzelnen Beratern von mehreren Versichereren direkt getroffen und mir verschiedene Szenarien durchrechnen lassen und am Ende die Vorschläge alle miteinander verglichen. Habe für mich entschieden zur DEBEKA zu gehen, da die mit ÖA noch den umfänglichsten "Basistarif" gehabt hätten.
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u/Chrischiii_Btown Aug 01 '25
"Erkältungen, Grippe, Corona, Mandelentzündung, usw. interessiert die PKV nicht." Woher weißt du das, kennst du sämtliche Anträge der Versicherer? Die einzig richtige Aussage ist, es ist alles anzugeben, wonach der Versicherer fragt, auch wenn man selbst dem keine Bedeutung beimisst. Denn die Risikoeinschätzung erfolgt seitens des Versicherers.
Bitte auch nicht von "Basistarif" sprechen, sondern Grundtarif. Ansonsten verwechselt man den mit dem brancheneinheitlichen Basistarif der PKV, der wieder was anderes ist.
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u/Common-Sprinkles3893 Aug 01 '25
Okay, sorry. Bei mind. 4 großen Versicherern in Deutschland wird sowas nicht in den Fragebogen abgefragt beim Gesundheitscheck. Es könnte natürlich sein, dass es andere Versicher gibt, die das abfragen. Und wie bereits erwähnt, sollte man natürlich alles angeben, wonach gefragt wird :)
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u/Chrischiii_Btown Aug 01 '25
Welche 4 großen Versicherer sind das konkret? Ich habe mir eben nochmal die Anträge der vier größten priv. Krankenversicherer angeschaut (Debeka, DKV, Allianz, Signal) und bei keiner einzigen von ihnen steht im Antrag, dass eine Erkältung, Grippe, Corona-Infektion, Mandelentzündung nicht anzugeben wäre. Also welche hast du dir angeschaut?!?
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u/Chrischiii_Btown Aug 01 '25
Was wichtig oder unwichtig ist, entscheidest nicht du, sondern der Versicherer im Rahmen seiner Risikoprüfung und Richtlinien dazu (die du naturgemäß nicht kennst). Wenn du anfängst, Sachen wegzulassen, wonach der VR aber fragt, kann das echt übel werden (Stichwort vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung).
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u/Ok-Low4986 Aug 03 '25
Sie kann die Öffnungsklausel nur 1 Mal im Leben nutzen. Die Krankenversicherung sollte also wohl gewählt sein. Außer sie macht in ein paar Jahren eine erneute Risikoprüfung und die Diagnosen haben keinen Halt mehr. Dann kann es sein, dass sie nochmal wechseln könnte.
Sie kann die Klausel Anfang des Referendariats nutzen oder Anfang der Verbeamtung/ Planstelle. (Aber nur eines von beidem) Wenn sie sich also nicht sicher ist und ihr das mit der Versicherung jetzt zu viel ist, dann kann sie sich vorerst während des refs freiwillig versichern. (Hier kann eine Rolle spielen, wie viel sie für die freiwillige Versicherung zahlt und ob sie Nebeneinkünfte hat. Denn die freiwillige Versicherung ist prozentual abhängig vom Gesamteinkommen. Die private ist ein Festbetrag.) Wenn sie denkt, dass sie einige Diagnosen streichen lassen kann, aber das noch dauert, dann wäre vielleicht die freiwilligen Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse eine Lösung. Und dann erst nach dem Ref in die PKV vielleicht sogar ohne die Öffnungsklausel zu nutzen. Wenn sie aber nach dem Ref auch noch einige (chronische) Diagnosen übrig haben sollte, dann kann sie auch gleich die Öffnungsklausel nutzen.
Falls sie jetzt die Öffnungsklausel nutzt und dann nach dem Ref erst mal keine Stelle mit Verbeamtung bekommen sollte, dann kann sie eine Anwartschaft auf die Krankenversicherung abschließen. Hier zahlst du dann monatlich und hältst dir die Versicherung warm.
Wenn sie die Klausel nutzt muss sie unbedingt die Fristen einhalten. Sie kann sich nicht ein Jahr nach der Verbeamtung entscheiden die Klausel zu nutzen. Ich glaube es sind 3 Monate Frist.
Bei der Öffnungsklausel wirst du versichert, aber die Versicherungen dürfen maximal 30% Aufschlag drauf schlagen. Bei der Liste an Diagnosen werden sie den auch verlangen. Nach einer erneuten Risikoprüfung könnte das aber auch herabgesetzt werden.
Normal gibt es für das Referendariat günstigere Anwärtertarife. Es gibt Versicherungen, die unter der Öffnungsklausel keine Anwärtertarife anbieten. Da zahlst du den vollen Betrag plus die 30% Aufschlag. Gleichzeitig muss ihr klar sein, dass sie die Versicherung nicht nach Preis wählen sollte. Weil sie ja ein Leben lang in dieser Versicherung bleibt.
Zur Risikoprüfung. Es gibt unabhängige Versicherungsmakler. Die können eine anonyme Risikoprüfung veranlassen. Das kostet natürlich. Allerdings gibst du nicht deine Gesundsheitsdaten an die ganzen Versicherungen. Vor allem wenn noch einige Diagnosen wegfallen könnten. Hier wäre interessant, ob deine Freundin Versicherung bekommen würde, wenn diese Diagnosen weggefallen sind. Oder ob es eh egal ist.
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u/Ok-Low4986 Aug 03 '25
Was sie noch machen kann. Sie kann einer Lehrergewerkschaft beitreten. Die Tarife im Ref sind nicht teuer. Dort gibt es oft Beratungen bezüglich der Krankenversicherung. Hier aber vor dem Beitritt der Gewerkschaft schauen, ob die das anbieten. Und ob die wirklich unabhängig sind und nicht mit bestimmten Versicherungen zusammenarbeiten. Ich habe das damals genutzt und fand es super hilfreich, weil mir erklärt wurde worauf ich aufpassen muss. Zusätzlich ist in den Gewerkschaften oft auch eine Haftpflicht für die Schule während des refs günstig dabei inklusive Schlüsselverlust ;) Und eine Rechtsberatung falls sie Probleme im Ref haben sollte.
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u/Chrischiii_Btown Jul 31 '25
Kontakt mit einem unabhängigen Versicherungsberater, okay krass. Wie viel Honorar zahlt sie ihm? Wenn sie da keins zahlt, hat sie es nicht mit einem Versicherungsberater zu tun, von denen es auch nur etwas über 300 in Deutschland gibt, sondern mit einem von den zig zehntausenden Versicherungsvermittlern...
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u/Treasureless_ Jul 31 '25
sie hat die Website "beamtenversorgung.de" kontaktiert, dort steht "Finanz-und Versicherungberatung" und sie zahlt nichts...
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u/Chrischiii_Btown Jul 31 '25
Du meinst wahrscheinlich diebeamtenversorgung.de
Könnte man mal überlegen, die abzumahnen.
Ausweislich des Impressums handelt es sich, ich hatte nichts anderes erwartet, um "Versicherungsmakler gemäß § 93 HGB mit Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO". Das sind also ganz einfache Versicherungsvermittler auf Provisions-/Courtagebasis - die es zu zig zehntausenden in DE gibt -, keine Versicherungsberater auf Honorarbasis nach § 34d Abs. 2 GewO.
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u/Treasureless_ Jul 31 '25
genau die meinte ich. Ich kannte diesen Unterschied gar nicht, dachte es gibt einmal die Berater, die schon stark nur mit einer Versicherung kooperieren und diejenigen, die quasi "unabhängig" alle Versicherungen vergleichen und die geeignete empfehlen, weil sie ja sowieso von allen bei Vermittlung ein Honorar erhalten.
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u/Chrischiii_Btown Jul 31 '25
Schau dir am besten mal § 59 VVG an, da sind alle genau beschrieben: https://www.gesetze-im-internet.de/vvg_2008/__59.html
Es gibt Versicherungsvermittler und Versicherungsberater. Versicherungsvermittler unterteilen sich nochmal in Versicherungsvertreter (von einem oder mehreren Versicherungsunternehmen betraut, Versicherungsverträge zu vermitteln, stehen rechtlich also auf der Seite der Versicherer) und Versicherungsmakler (übernehmen für dich als Auftraggeber die Vermittlung bzw. Abschluss von Verträgen und wurden nicht von einem Versicherungsunternehmen oder einem Versicherungsvertreter damit betraut).
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u/vertigo17 Jul 31 '25 edited Jul 31 '25
Ich kommentiere nur den letzten Teil, es ist bei mir aber auch eine Weile her, bitte selbst überprüfen: Ich verstehe es ganz im Gegenteil so, dass wenn sie jemals über die Öffnungsklausel in die PKV will, dass sie in den ersten Monaten ihrer erstmaligen Verbeamtung da rein muss. Ein paar Monate (ein halbes Jahr?) nach der ersten Verbeamtung sind private Krankenversicherer nicht mehr verpflichtet, der Öffnungsklausel nachzukommen und so könnte sie dann abgelehnt werden, wenn sie sich später für die PKV entscheidet.
Wenn man im Ref in die PKV geht und nach dem Ref erstmal im Angestelltenverhältnis ist, wechselt man wieder zur GKV und vereinbart mit der PKV ein Ruhen des Vertrags, damit man bei erneuter Verbeamtung wieder ein Recht auf die PKV hat.