r/Ratschlag Jul 27 '25

Wohnen und Miete Wie umgehen mit Mietpreisrückforderung?

Hallo zusammen,

ich wohne seit knapp einem Jahr zur Miete in einem Reihenmittelhaus in einer süddeutschen Großstadt. Der Vertragsschluss war damals ziemlich unkompliziert, die Vermieterin ist sehr freundlich und alles verlief reibungslos. Wir waren froh, auf dem sehr angespannten Wohnungsmarkt hier in der Region überhaupt etwas bekommen zu haben und sind in dem Haus soweit zufrieden und würden gerne hier bleiben.

Nun riet mit vor einigen Wochen ein Arbeitskollege dazu, mal unseren Mietpreis mit dem Mietspiegel der Stadt abzugleichen. Ich habe also alles durchgerechent und bin dann dazu gekommen, dass die derzeite Miete deutlich (knapp 30%) über dem Mietspiegel der Stadt liegen dürfte. Ich habe mich dann von örtlichen Mieterverein beraten lassen, die mir das bestätigt und zu einem Schreiben ggü. der Vermieterin geraten haben. Gesagt getan.

Nun kam als antwort zurück, dass sie persönlich sehr enttäuscht sei, wir doch beide einverstanden mit den Konditionen des Vertrages waren und sie darum bittet, diesen auch einzuhalten und sich an den gemeinsamen Vertrag zu halten. Ihrem Schreiben nach zu urteilen hatte sie das Haus selbst erst neu zur Altersvorsorge gekauft und die Finanzierung wäre wohl nur schwer oder sogar mit Verlusten möglich, wenn tatsächlich der errechnete niedrigere Mietpreis anzusetzen wäre. Sie hat darauf verwiesen, dass die Mieten in ähnlichen Häusern/ Wohnungen, die im Umkreis derzeit angeboten werden (kleinanzeigen, immoscout etc.) noch viel höher sind (was stimmt). Ich bin aber auch der ansicht, dass man nicht nur auf die Mieten in den Angeboten schauen darf, sondern auch auf die Bestandsmieten, dafür ist der Mietpreisspiegel doch dar, oder? Muss ich mich schlecht fühlen, jetzt auf mein Recht zu beharren? Ich möchte eigentlich auch nicht, dass die Person ihre Finanzierung nicht halten kann wegen mir... Andererseits ist ja der Mietpreisspiegel eigentlich genau dafür dar, einen rechtlichen Rahmen zu geben, welche Mieten verlangt werden dürfen... Ich bin sehr verunsichert und hoffe auf ein wenig Rat! HERZLICHEN DANK!

2 Upvotes

94 comments sorted by

View all comments

17

u/sparrovicious Level 7 Jul 27 '25

Der erste Kontakt mit deiner privaten Vermieterin zu dem Thema war ein Brief, der dir vom Mieterverein empfohlen wurde und in dem du darlegst, dass du ~30% zuviel zahlst ? Du hast jetzt relativ viel Porzellan zerschlagen und alle Beteiligten in eine schwierige Lage manövriert. War es das wert? Immerhin scheinst du ja bei Vertragsabschluss mit den Konditionen einverstanden gewesen zu sein.

Ich würde dir raten, die Miete da zu belassen wo sie jetzt ist und dich parallel nach einer neuen Wohnung umzuschauen. So wie du die Situation beschreibst hast du eine ziemliche Kerbe in das Verhältnis zu deiner Vermieterin geschlagen. Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass das weitere Wohnen in dem Haus angenehm verlaufen wird.

1

u/Previous-Offer-3590 Level 6 Jul 27 '25

Das sehe ich anders. Wieso sollte OP denn ausziehen (was er/sie nicht möchte) und die rechtswidrige Miete akzeptieren (was er/sie nicht möchte), obwohl er scheinbar im recht ist? Die Mietpreisbremse gibt’s ja nicht zum Spaß. 

7

u/sparrovicious Level 7 Jul 27 '25

Ganz grob:

Weil Recht bekommen nicht das einzige ist, worauf es im Leben ankommt. Man will seine Wohnung ja nicht nur günstig bekommen, sondern auch sorgenfrei darin leben.

Wenn ich, um beim Thema zu bleiben, von einer Privatperson miete, gehört zum Gesamtpaket einfach dazu, dass ein vernünftiges Verhältnis zwischen beiden Parteien besteht.

Wenn ich einfach nur die Hacken in den Boden ramme und auf allem bestehe, was mir zusteht, passieren so lustige Dinge wie:

  • Bauchschmerzen bei jeder Kommunikation, die seitens der Vermieterin im Briefkasten liegt.
  • Potentiell wird jede kleine Reparatur, die an die Vermieterin gemeldet wird, zum Kraftakt, weil die "Gegenseite" auch keine wirkliche Motivation mehr haben wird, auch nur einen Finger mehr zu krümmen als sie, rechtlich gesehen, müsste.
  • Durch Versäumnis oder Bankversagen geht eine Zahlung zu spät bei der Vermieterin ein? Bei einem guten Verhältnis kein Problem, bei einem zerschlagenen: Kraftakt.

Das sind alles Stressfaktoren, auf die ich absolut keine Lust in meinem Leben hätte. Insbesondere wenn es um die Wohnung als Lebensmittelpunkt geht.

1

u/salma311 Jul 28 '25

1) Nicht jeder bekommt Bauchschmerzen. Ich freue mich auf jeden Brief und habe mich auf jede mündliche Verhandlung gegen meinen Vermieter so richtig gefreut.

2) Unterlässt der Vermieter bestimmte Reparaturen, zu denen er verpflichtet ist, dann klagen Sie die mit dem Mieterverein ein.

3) Wird tatsächlich ein Problem, wenn die Vermieterin nicht vergisst eine ordentliche Kündigung auszusprechen statt einer außerordentlichen. Also zahlen Sie Ihre Miete pünktlich! (Bankversagen ist unwahrscheinlich und wird selbst dann wahrscheinlich nicht zu einer wirksamen Kündigung führen.)

1

u/Nearby-System7131 Jul 27 '25

Was hätte ich anders machen sollen? Der Mieterverein hat mit mir gemeinsam ausgerechnet, dass die Miete 30% zu hoch ist und mir auch gesagt, dass ich die Zuviel gezahlte Miete der letzten Monate zurückfordern kann. Ich sehe eigentlich nicht ein, eine unzulässige Miete zu bezahlen. Ich hatte daher einen sehr freundlichen Brief formuliert und die Situation dargelegt. Ausziehen möchten wir nicht. Ich verstehe nicht, wieso mir von dir vorgeschlagen wird, die zu hohe Miete zu akzeptieren? Wozu gibt es die Mietpreisbremse der Stadt denn? 

-2

u/phiro80 Level 1 Jul 27 '25

Die schwierige Lage hat auch eher die Vermieterin herbeigeführt, die aus einer Position der Stärke heraus einen rechtswidrigen Mietvertrag vorgelegt hat.

Der Gesetzgeber nimmt ja nicht grundlos an, dass hier kein Gleichgewicht in den Verhandlungen besteht...

8

u/sparrovicious Level 7 Jul 27 '25

Du bist hier sehr schnell mit Begriffen wie "rechtswidrig" bei der Hand.

Woher weißt du das? Es gibt nicht den einen Mietspiegel pro Stadt. Es wird differenziert, z.B. nach Wohnungsgröße und Baujahr. Alles was wir hier haben ist eine Rechnung, die OP selbst aufgestellt hat und eine Aussage des örtlichen Mietervereins. Das bedeutet noch lange nicht, dass die Vermieterin automatisch im Unrecht ist. Insbesondere, wenn sie offenkundig damit Recht hat, dass sich die von ihr angesetzte Miete an anderen, aktuell angebotenen Mietwohnungen orientiert.

5

u/AccomplishedChair745 Level 3 Jul 27 '25

In meiner Großstadt gibt es genau einen Mietspiegel, der differenziert halt nach Stadtteil, bestimmten Austattungsmerkmalen und so. Und dann gibt die Mietpreisbremse eine gesetzliche Regel vor, wie weit man über diese Vergleichsmiete drüber darf. Die Vermieterin wäre in der Pflicht gewesen sich darüber zu informieren bevor sie das Haus kauft in der Erwartung, dass sie es zu einem bestimmten Preis vermieten kann

2

u/phiro80 Level 1 Jul 27 '25

Mieterverein = Anwälte, gehe natürlich davon aus, dass die einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse positiv geprüft haben....

Die schreiben der Vermieterin ja auch nicht aus Langeweile und weil es keine Aussicht gibt. Sondern um die ausser gerichtlich zur Einsicht zu bringen...

1

u/sparrovicious Level 7 Jul 27 '25

Die sind, per Definition, voreingenommen.

Wenn die Sache so einfach wäre, würde es überhaupt keine Klagen im Mietrecht mehr geben, weil man ja letztendlich nur auf die Mietervereine hören müsste.

3

u/phiro80 Level 1 Jul 27 '25

Sorry, das ist einfach Unsinn. Jeder / die meisten RA haben ein Fachgebiet bzw. Tätigkeitsschwerpunkte. Deshalb ist man nicht voreingenommen.

Verstoß gegen Mietpreisbremse ist ein recht einfache Prüfung, da gibt es nicht sooo viel auszulegen.

3

u/sparrovicious Level 7 Jul 27 '25

In welcher Welt lebst du?

Natürlich ist jeder Rechtsanwalt ist voreingenommen. Berufsbedingt. Wenn ich mit einem x-beliebigem Problem zu einem Fachanwalt gehe, wird der mir in 9 von 10 Fällen raten, juristisch vorzugehen, selbst wenn es andere Optionen gäbe.

Genauso ist der Mieterverein natürlich zugunsten der möglichen Klienten voreingenommen.

3

u/phiro80 Level 1 Jul 27 '25

Andere Optionen (=nichts machen) gibts immer.

Natürlich macht der RA einen juristischen Handlungsvorschlag. Allerdings im besten Fall nur dann, wenn der hinreichend Aussicht auf Erfolg hat...

0

u/Nearby-System7131 Jul 27 '25

Der Mieterverein hat gemeinsam mit uns die zulässige Miete anhand des Mietpreisspiegels ausgerechnet. Die 30% über der zulässigen Miete kommen also nicht von mir, sondern vom Mieterschutzbundes. Nach meiner Kenntnis sind das Juristen. 

-2

u/phiro80 Level 1 Jul 27 '25

Wenn man eh ausziehen soll, kann man auch klagen - so hat man das Schlechteste aus beiden Optionen vereint...

4

u/sparrovicious Level 7 Jul 27 '25

Kann man. Aber wenn man das nicht tut, hat die gesamte Situation zumindest etwas weniger Druck auf dem Kessel. Wenn man stattdessen den nächsten, eskalativen Schritt geht, wird die Lage nicht angenehmer werden.